Anette Röttger, MdL
#kurSHalten

Gute Bildung gibt es trotz Lernmittelfreiheit nicht zum Nulltarif

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

gute Bildung gibt es trotz Lernmittelfreiheit nicht zum Nulltarif. Bildung kostet Geld und durch die Inflation ist auch diese teurer geworden. Jeder Euro, den wir in die Bildung unserer Kinder stecken, ist gut angelegt. Daran gibt es keinen Zweifel. Aber gleich vorweg sage ich auch: Gute Bildung hängt nicht nur vom Geldbeutel ab. Über die letzten Jahre ist eine Erwartung gewachsen, dass alle Externen für den Bildungserfolg der eigenen Kinder verantwortlich sind. Das betrifft sowohl Inhalte als auch Material. Der laute Ruf nach dem Staat ist nicht immer zielführend. Die Zukunft der nachfolgenden Generation darf nicht durch eine stets steigende hohe öffentliche Schuldenlast beeinträchtigt werden.

Die bestehende Solidargemeinschaft von Land, Schulträgern und Eltern, die sich die Bildungskosten teilen, ist gut und richtig. Entscheidungen über die Kostenverteilung oder Kostendeckelung für Lernmittel werden in den demokratisch gewählten Gremien erarbeitet und über die Fach- und Schulkonferenzen entschieden. Daran halten wir fest.

In diesen krisenbehafteten Zeiten und in Folge der Pandemie kommt es zudem besonders auf eine gute Lernatmosphäre und ein gutes Miteinander an. Ausflüge und Klassenfeste tragen dazu bei. Junge Menschen brauchen Zuversicht und Zusammenhalt. Nur dadurch kann jeder und jede einen passenden Platz nach den individuellen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Begabungen finden. Engagierte Lehrerinnen und Lehrer setzen sich mit ihrer pädagogischen Verantwortung dafür ein. Sie haben unsere Unterstützung, Wertschätzung und Anerkennung verdient.

Die Digitalisierung hat Schule und Bildung in den vergangenen Jahren wesentlich verändert und hohe Kosten ausgelöst. Die Pandemie hat diesen Prozess beschleunigt. Ausdrücklich betone ich: Wir sind in einem Umsetzungsprozess, der immer wieder nach Anpassungen verlangt!

Digitalisierung ist eine große Chance und eröffnet dem Bildungssystem neue Möglichkeiten. Dennoch haben die notwendigen digitalen Ausstattungen für Schülerinnen und Schüler ihren Preis, müssen gewartet, versichert und stetig aktualisiert werden. Seit 2020 haben die Schulträger über die Sofortausstattungsprogramme rund 33 Millionen Euro an Fördermitteln für die Beschaffung von Leihgeräten für bedürftige Schülerinnen und Schüler erhalten! Man bedenke: Vor der Pandemie war in unseren Schulen im Land nur punktuell Digitalisierung vorhanden. Ich bin nicht nur unserer Bildungsministerin sondern auch allen anderen an Schule Beteiligten dankbar dafür, dass der Digitalpakt in die Umsetzung gekommen ist, Lernplattformen genutzt werden und Digitalität inzwischen an den Schulen in Schleswig-Holstein zum Schullalltag gehört.

Die einzelnen Fragestellungen aus der Großen Anfrage an die Landesregierung zu den Themenfeldern Verbrauchsmaterial, Bücher, Sportkleidung, Unternehmungen, Versorgung und Betreuung, Fahrtkosten und Nachhilfeunterricht adressieren mittelbar die Kreise, die Schulträger, die Schulen, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler münden in einer klaren Antwort: Alles ist klar geregelt:

Auf dem Weg hin zu immer mehr Bildungsgerechtigkeit gibt es klare Verantwortungsebenen. Das Schulgesetz definiert, wer für welche Bildungskosten Verantwortung trägt. Das ist gut und richtig so!

In Lübeck gibt es seit 2009 mit dem Bildungsfonds eine regionale Besonderheit. Der Fonds wird von einem Stiftungsverbund finanziert und fördert Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien und hilft damit denjenigen, die auf Hilfe angewiesen sind.

Mit dem Perspektivschul-Programm hat Schleswig-Holstein in der letzten Legislatur einen guten Weg beschritten, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erzielen. Diesen Weg werden wir in dieser Legislatur fortsetzen.

Mit Blick auf die weiteren anstehenden großen finanziellen Herausforderungen für die öffentlichen Haushalte, die mit der Entwicklung hin zum Ganztag an Schule einhergehen werden (bereits im laufenden Schuljahr fördert das Land den Ganztag mit 14,7 Mio €), möchte ich aber auch bei Schülerinnen und Schülern und in den Elternhäusern an dieser Stelle ausdrücklich für eine strenge Ausgabendisziplin und für ein gelebtes nachhaltiges Handeln in allen Bereichen der Lernmittel werben.

Dazu drei Beispiele:

1. Grundaussattung: War es während meiner Schulzeit in den 1970er Jahren noch undenkbar, dass der Ranzen bereits vor Ende der Grundschulzeit ausgedient hatte, gibt es heute vielfach schon in der dritten Klasse ein neues Modell, weil es modisch besser passt. Ist das nötig?

2. Sportkleidung: Beim Blick in die große Kiste mit Fundsachen in der Eingangshalle der Schule habe ich mich gefragt, warum niemand diese zum Teil hochwertigen Dinge vermisst? Da lagen nicht nur Mützen, sondern auch hochwertige Jacken und Sportkleidung.

3. Verpflegung: Wenn der Auszubildende morgens beim Bäcker knapp 10 Euro für sein Frühstück zahlt, frage ich mich, warum es nicht zu seiner Gewohnheit gehört, sich zuhause Brote zu streichen und die Trinkflasche zu füllen? Das wäre deutlich günstiger.

Es gibt viele Schülerinnen und Schüler und viele Eltern, die sich für ihre Schule beziehungsweise für die Bildung der Kinder engagieren und Schule stetig weiterentwickeln, zu einem Ort, an dem man gut und gerne lernt. Das verdient Wertschätzung und Anerkennung. Schließen möchte ich mit einem alten Sprichwort: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Vielen Dank!