Anette Röttger, MdL
#kurSHalten

Gute Bildungsqualität entsteht dort, wo man sich auf Augenhöhe begegnet

 

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst danke ich unserer Bildungsministerin Karin Prien für ihren Bericht über die Schulische Inklusion in dieser Wahlperiode. Und ich möchte es an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Ich bedanke mich auch bei allen zuständigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Ministerium und bei all denjenigen, die sich hier im Land besonders um diejenigen kümmern, die eine Beeinträchtigung mitbringen.

Heranwachsende Menschen, die beeinträchtigt sind, haben besondere Bedürfnisse. Der richtige und individuell passgenaue Umgang ist anspruchsvoll und erfordert ein breites Netzwerk.

Gute Bildungsqualität entsteht dort, wo man sich auf Augenhöhe begegnet und alle Beteiligten gut einbindet.

Kinder und Jugendliche brauchen passende Entwicklungsräume, in denen Zeit und vertraute, professionelle Lehrkräfte und Unterstützer vorhanden sind.

Das ist unsere Richtschnur für den Weg in eine inklusive Gesellschaft. Darüber haben wir hier im Landtag bereits mehrfach gesprochen. Ein ausführlicher schriftlicher Bericht der Landesregierung zur Inklusion beschreibt dies differenziert.

Und spätestens heute, lieber Herr Habersaat, sollte auch ihnen deutlich werden: Wenn es um bestmögliche Förderung geht, denken wir vom Kind her, sie denken von der Inklusionsquote bzw. – wie sie es nennen – von der Exklusionsquote her.

Wir finden, die höchste Inklusionsquote, wie wir sie in Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich haben, gut und richtig. Förderzentren mit Schülerinnen und Schülern halten wir aber für ebenso nötig und erforderlich. Unser Credo bleibt: „So viel gemeinsame Beschulung wie möglich, so viel individuelle Unterstützung wie nötig.“ Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Es geht um individuelle und passgenaue Angebote!

Das ist ein grundsätzlicher Unterschied, den wir kaum auflösen können.

Der Landeselternbeirat der Grundschulen und Förderzentren hat es in dieser Woche so formuliert und ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: „Inklusion bedeutet, mit einem dauerhaften Ausnahmezustand zurecht zu kommen. Wenn Inklusion gelingt, spüren das alle Beteiligten.“

Dieser hier gemeinte dauerhafte Ausnahmezustand bezieht sich auf Menschen mit Beeinträchtigungen. Im Licht der Pandemie und der nun auf uns zukommenden vielen Flüchtlingskinder aus den Kriegsgebieten erhält dieser Ausnahmezustand eine neue Dimension und stellt alle an Schule Beteiligten vor noch viel größere Herausforderungen.

Schule braucht Platz, Personal und Professionalität, um individuelle und passgenaue Angebote für jeden Schüler und jeder Schülerin anbieten zu können. Das ist die Richtschnur unseres Handelns.

Es ist gut, dass wir in dieser Legislaturperiode vieles umsetzen konnten. Die Ministerin hat in ihrem Bericht darauf hingewiesen:

Wir haben für mehr und gut ausgebildetes Personal gesorgt. In den Jahren 2018 bis 2024 schaffen wir in Schleswig-Holstein insgesamt 490 neue Stellen für Sonderpädagogen. Seit dem Schuljahr 2018/19 findet jedes Jahr ein Aufwuchs von 70 zusätzlichen Stellen für Sonderpädagogen statt. Auch den entsprechenden Studiengang in Flensburg haben wir 2018 personell verstärkt.

Wir haben Menschen mit Behinderungen zu Bildungsfachkräften ausgebildet. Wir haben erhebliche zusätzliche Planstellen für Sonderpädagogen geschaffen und Module für den Quer- und Seiteneinstieg entwickelt.

Wir haben uns darum gekümmert, die Förderbedarfe besser und früher zu erkennen und zu diagnostizieren. Wir haben eine Beratungsstelle für Autistisches Verhalten geschaffen und vieles andere mehr. Der Weg geht in die richtige Richtung. Wir nennen das KurSHalten.

Aber Schule kann am Ende nur einen Teil einer inklusiven Gesellschaft lösen und verantworten.

Inklusion bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich ein jeder von uns beteiligen kann, mit Zeit, mit Raum oder mit vertrauensvollen Gesprächen.

Wir sind in einem Ausnahmezustand und viele Menschen sind auch dadurch beeinträchtigt. Das hat sich in fast allen Beiträgen durch diese Plenartagung gezogen.

Ich wünsche uns und all denjenigen, die sich kümmern, viel Kraft Geduld und immer wieder die nötige Zuversicht für ein gelingendes Leben, jeden Tag.