Anette Röttger, MdL
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Dem Hunger der Welt entschieden begegnen

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Es gilt das gesprochene Wort!

Der Krieg in der Ukraine ist ein Krieg in der Kornkammer und hat massive Auswirkungen auf die Ernährungssituation für die Weltbevölkerung. Das stellt auch uns hier in Schleswig-Holstein zu Fragen der Ernährungssicherheit vor neue Herausforderungen.

Unser Bundesland ist ein landwirtschaftlicher Gunststandort. Wir verfügen über ertragreiche Böden, die der Erzeugung hochwertiger und gesunder Lebensmittel dienen. Unsere Landwirtschaft erfüllt vielfältige Aufgaben: sie ist nachhaltig, sie trägt zur Energiegewinnung bei, sie leistet einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz und sie dient der Erzeugung hochwertiger Lebensmittel. Hier ist nicht nur Weizenanbau möglich.

Führen wir uns die Faktenlage vor Augen, so ist folgende festzustellen: In den letzten 30 Jahren ist die Weltbevölkerung von 5,3 Mrd. Menschen auf mittlerweile rund 8 Mrd. Menschen angewachsen. Die Versorgung dieser vielen Menschen (2,7 Mrd. mehr!) ist durch einen in der Ukraine aufgebauten, nachhaltigen und produktiven Ackerbau zum großen Teil aufgefangen worden. Vom Schwarzen Meer bis nach Afrika hat es bislang funktioniert.

Jetzt können die Felder in der Ukraine nicht bestellt werden. Wir werden das nicht alles kompensieren. Aber wir stehen in einer hohen Verantwortung gegenüber dem Hunger in der Welt und müssen unseren Beitrag leisten, selbst wenn es nur ein kleiner Beitrag ist. Davon bin ich überzeugt.

Unsere Landwirtschaft hier in Schleswig-Holstein agiert lange schon am Weltmarkt. Unsere Landwirte spüren die Auswirkungen von den jetzt entstandenen Preisturbulenzen unmittelbar. Extrem gestiegene Energiepreise, die extrem gestiegenen Düngemittelpreise und die Auswirkungen der Sanktionen auf die Rohstoffmärkte stellen bisherige Abläufe in Frage und bringt so manchen landwirtschaftlichen Betrieb an seine Belastungsgrenze. Was die Branche jetzt am wenigsten gebraucht, sind zusätzliche erschwerte gesetzliche Auflagen!

Wir müssen neu denken! Die Lage hat sich radikal verändert!

Ich bin sehr dankbar, dass unser Ministerpräsident und auch unser Fraktionsvorsitzender es heute bereits klar angesprochen haben: Eine Flächenstilllegung passe jetzt nicht in diese Zeit.

Auch mein Fraktionskollege Heiner Rickers hat in den vergangenen Tagen bereits darauf hingewiesen: Wir müssen jetzt tätig werden, um entschlossen und geschlossen gute Antworten für eine Erzeugung hochwertiger Lebensmittel zu finden. Auf die heutigen Beschlüsse der EU Kommission hat der Minister in seinem Bericht bereits hingewiesen.

Es geht dabei nicht um ein Aussetzen von Natur- und Umweltschutz. Da möchten wir nicht falsch verstanden werden. Es geht um unseren Beitrag, den wir in dieser Situation jetzt einbringen können und dafür möchte ich drei konkrete Vorschläge nennen:

  1. Die Umsetzung der GAP mit den Vorschlägen zu Green Deal und Farm to Fork passt nicht mehr zu den aktuellen Rahmenbedingungen, die die Landwirte jetzt haben. Das muss auf EU-Ebene neu bewertet und justiert werden.
  2. Es ist eine Senkung der Energiesteuer auch für Landwirte erforderlich, um eine planbare Produktion zu gewährleisten.
  3. Die Stilllegungsverpflichtung im Ackerbau und die Verpflichtung zur Fruchtfolgeeinschränkung könnte man temporär aussetzen, um Futter- und Lebensmittel anbauen zu können.

Im Selbstverständnis der Landwirtschaft steht die Erzeugung gesunder Lebensmittel immer noch hoch im Kurs. Das ist legitim und alles andere als rückwärtsgewandt. Die Landwirte können das, auch wenn so mancher hier heute noch mit diesem Gedanken fremdelt.

Und schließlich geht es bei der Frage nach Ernährungssicherheit auch um unsere Haltung im Umgang mit Lebensmitteln. Solange die Regale voll sind und die Teller gefüllt, dringt man mit Themen der Lebensmittelverschwendung kaum durch.

Erst wenn man die Bilder von den Menschen sieht, die jetzt mitten im Krieg in kalten Kellern ihr Leben schützen aber kein frisches Wasser, geschweige denn eine warme Mahlzeit bekommen, wird die Dimension bewusst.

Mich erschüttern diese Bilder zutiefst. Ich bin fest davon überzeugt. Dem Hunger in der Welt müssen wir entschieden begegnen. Die Schleswig-Holsteiner helfen, wo sie können. Das tägliche Brot ist eine humanitäre Verantwortung. Es geht um den Zusammenhalt der Gesellschaft.