Es gilt das gesprochene Wort
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Wenn ich aus meiner Haustür trete, blicke ich auf den europäischen Wanderweg, der am Stadtrand der Hanse- und Weltkulturerbe Stadt Lübeck vorbeiführt. So mancher Wanderer ist diesen Weg der europäischen Geschichte bereits gegangen. Ein weißes Andreaskreuz auf schwarzem Grund beschildert diese Wegstrecke, die vom Nordkap bis nach Italien reicht. Sie gehört wohl zu einer der ersten europäischen Kulturrouten, die bereits in den 1970er Jahren entstanden ist. Oft nehmen wir die uns umgebende Kultur zu wenig wahr. Deshalb freue ich mich, dass wir heute die Kultur in den Fokus rücken.
Unser schönes Schleswig-Holstein ist unverwechselbar geprägt von einer reichen Kulturlandschaft und den UNESCO Welterbestätten, wie dem Weltnaturerbe Wattenmeer. Wir leben hier in einem bedeutenden Teil der europäischen Kulturlandschaft.
Kulturerbe meint kulturelle und kreative Ressourcen materieller oder immaterieller Art, deren Wert für die Gesellschaft öffentlich anerkannt wurde, damit sie für künftige Generationen bewahrt bleiben.
Und um es gleich vorweg zu nehmen: Im Beschluss des europäischen Parlaments zum europäischen Jahr des Kulturerbes vom 17. Mai 2017 steht unter 5: “ (…) das Kulturerbe ist unter kulturellen, ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten für die europäische Gesellschaft von großem Wert. Daher ist seine nachhaltige Pflege von strategischer Bedeutung im 21. Jahrhundert. Der Beitrag des Kulturerbes in Hinblick auf seine Wertschöpfung auf Qualifikationen und Arbeitsplätze sowie auf die Lebensqualität wird unterschätzt.“
Das Jahr 2018 wurde von der europäischen Kommission zum „Europäischen Jahr des Kulturerbes“ erklärt, weil es von symbolischer und historischer Bedeutung u.a. mit Blick auf den 100. Jahrestag zum Ende des 1. Weltkrieges, der Unabhängigkeit mehrerer Mitgliedsstaaten sowie dem 400. Jahrestag des 30-jährigen Krieges ist. Dafür hat das europäische Parlament ein Budget von 8 Millionen € aus bestehenden Fonds für die Unterstützung von Initiativen und Promotionsaktivitäten im Laufe des Jahres 2018 zur Verfügung gestellt.
Mit diesem Jahr des Kulturerbes werden drei wesentliche Ziele verfolgt:
1. Das Bewusstsein für die europäische Geschichte soll geschärft werden und das europäische Kulturerbe erhalten bleiben.
2. die gemeinsame kulturelle Identität der Europäer soll sichtbarer und lebendiger gemacht werden.
3. den Bürgerinnen und Bürgern Europas sollen neue Möglichkeiten des Kulturtourismus angeboten werden.
Dabei stellen sich zwei Fragen:
1. Wie kann es uns heute überhaupt gelingen, das Bewusstsein für die soziale und wirtschaftliche Bedeutung des Kulturerbes zu schärfen?
2. Wie kann man Europas kulturellen Reichtum und die kulturelle Vielfalt würdigen?
Die Antwort ist klar: Man muss das Kulturerbe definieren und über ganz unterschiedliche Kanäle generationenübergreifend erlebbar machen!
Dazu sind wir hier in Schleswig-Holstein auf einem guten Weg:
Vier Beispiele möchte ich nennen:
1. Fast die Hälfte der auf der Liste des UNESCO Welterbes eingetragenen Stätten befinden sich in Europa, einige liegen hier in Schleswig-Holstein. Sie ziehen jährlich unzählige Touristen an.
2. Die Initiativen zur Verleihung eines „europäischen Kulturerbesiegels“ oder gar die Bewerbung um eine „Kulturhauptstadt Europas“ sind ehrgeizig. Hierfür haben wir in Schleswig-Holstein durchaus Potential und sollten dieses verfolgen.
3. Der Europarat hat 31 Kulturrouten zertifiziert, die mehr als 50 Länder innerhalb und außerhalb Europas durchqueren und wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen und sozialen Interesses von besonderer europäischer Bedeutung sind.
21 dieser Routen laufen durch Deutschland, einige auch durch Schleswig-Holstein.
In dieser Legislatur bringen wir weitere Kulturknotenpunkte im Land auf den Weg. Dies ist für die Infrastruktur unserer Kultur von großes Bedeutung. So wird auch der ländliche Raum in seiner Arbeit zukunftsweisend gestärkt.
4. Der Schleswig-Holsteinische Heimatbund holt in der nächsten Woche im Rahmen des Kulturerbe-Jahres 2018 Märchen aus anderen Kulturkreisen Europas in den hohen Norden. Dafür sind die Büchereien des Landes perfekte Orte, denn auch sie sind Teil des kulturellen Erbes und beherbergen so manche Schätze. Erst 2016 wurde das Märchenerzählen in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Es ist unser gemeinsames Anliegen, diesen Weg für das Kulturerbe weiter zu gehen. Wir sollten uns deshalb zukünftig für die vier Prinzipien des Kulturerbes stärker einsetzen: Engagement, Nachhaltigkeit, Schutz und Innovation.
Und so gilt abschließend - wie eingangs bereits gesagt: „Der Beitrag des Kulturerbes in Hinblick auf seine Wertschöpfung, auf Qualifikationen und Arbeitsplätze sowie auf die Lebensqualität wird unterschätzt.“ Unser Land ist es wert, die kulturellen Schätze und Ressourcen zugänglicher und erlebbarer zu gestalten. Deshalb ist es mir und auch der Jamaika-Regierung eine Herzensangelegenheit uns, für die Identität unseres Landes nachhaltig einzusetzen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.